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Sattheit oder tägliches Wagnis

Peter Marboe und Wolfgang Kraliczek im Gespräch mit Gernot Zimmermann.


"ORF Kultur"-online, 09.01.2001


Die Theaterszene in Wien abseits der großen Häuser wie Volkstheater, Josefstadt oder Burg ist eine überaus reiche. Es gibt viele kleinere Bühnen, die seit Jahren kontinuierliche Theaterarbeit machen. Sieben dieser Bühnen, wie etwa das Theater Drachengasse oder Theater Gruppe 80 haben sich seit einiger Zeit unter dem Sammelbegriff "Die Sieben" zusammengeschlossen, um synergetische Effekte zu nutzen. Auf Initiative von Kulturstadtrat Peter Marboe gibt es für diese Bühnen auch Dreijahresverträge, sodass sie mit fixen Subventionen arbeiten können. Seit Silvester wird der Rabenhof von Karl Welunschek genutzt, die Nachfolge Hans Gratzers am Wiener Schauspielhaus ist eben ausgeschrieben worden.

In letzter Zeit wurden aber auch Stimmen laut, die - bei aller Quantität - eine gewisse Erstarrung der Qualität in dieser Wiener Theaterszene konstatierten. Zu diesen Stimmen gehört Wolfgang Kraliczek, Theaterkritiker der Stadtzeitung Falter und Wien-Korrespondent der deutschen Fachzeitung theater heute. Im folgenden die pro und contra Stimmen:

Marboe vs Kraliczek

Theater Gruppe 80, Odeon, Theater Drachengasse, Ensembletheater am Petersplatz, Schauspielhaus, Rabenhoftheater und so weiter, das sind Namen, die zumindest in Wien im Ohr der Theaterfreunde klingen und mit einem ganz bestimmten Stil, mit hervorragenden, mediokren oder langweiligen Eindrücken verbunden sind - je nachdem. Die anstehenden Entscheidungen um die Leitung in Schauspielhaus und Rabenhof vor Weihnachten haben den Theaterkritiker Wolfgang Kraliczek nicht nur in einem Artikel im Falter über die Situation der Klein- und Mittelbühnen in Wien nachdenken lassen:

Kraliczek: "Mein Ansatz war, die Geschichte der Wiener Bühnen anzuschauen. Sie wurden zumeist Mitte der 80er Jahre gegründet als freie Bühnen. Zur Belohnung bekamen sie eigene Häuser von der Stadt Wien und machen jetzt seit 20 Jahren Theater. Mittlerweile erstarren sie in Lethargie und Sattheit. Ich meine, dass ein Wechsel manchen Häusern dringend gut tun würde. "

Nun könne man diese Sattheit und Lethargie, so es sie denn gibt, nicht per Verordnung abschaffen, kontert Kulturstadtrat Peter Marboe, der den Vorwurf zurückweist, er sei in dieser Hinsicht säumig:

Marboe: "Die Kulturpolitik kann vieles tun, wie etwa Entschuldungen vornehmen. Wir haben auch einiges bewegt mit dem Theaterdienstag und dem Nestroypreis. Kulturpolitik kann aber nicht permanent Spitzenkreativität anbieten, was sie aber soll ist, gutes Theater zu gewährleisten."

Gutes Theater, was das ist, darüber sind natürlich die Meinungen geteilt, hinzu kommt, dass man es bei vielen Bühnen nicht mit städtischen Theatern zu tun hat, sondern mit Privattheatern, die unter großem Arbeits- und finanziellem Einsatz von ihren Gründern ins Leben gerufen wurden.

Wolfgang Kraliczek: "Der Begriff Privattheater ist eigentlich absurd. Sie können ohne öffentliche Gelder ja nicht existieren wie etwa die Josefstadt, die ja an sich auch ein Privattheater ist."

So musste etwa das Rabenhoftheater im dritten Wiener Gemeindebezirk vom Mutterhaus Theater in der Josefstadt geschlossen werden. Seit Silvester arbeitet dort Regisseur Karl Welunschek mit seinem Team - auf Geld von der Stadt darf er allerdings nicht hoffen, Marboe erteilte ihm eine Absage:

Marboe: "Wir können nicht jedes Theater unterstützen, das der Eigentümer selbst nicht halten kann."

Und Wolfgang Kraliczek meint zu Karl Welunschek und dem Rabenhoftheater:

Kraliczek: "Er spielt va banque und hofft vielleicht auf eine Veränderung der politischen Lage in Wien. Ansonsten wäre es nicht nachvollziehbar, so ein Theater zu übernehmen."

Und die Wahlen stehen in Wien kurz bevor, ob Peter Marboe für die ÖVP ein zweites Mal den Kulturstadtrat stellen wird, ist offen. Er nimmt allerdings die Kritik ernst und ist an Diskussionen interessiert. So arbeitete Ende vergangenen Jahres sein Mitarbeiter Boris Marte ein Papier aus, wo von einer Neuordnung der Theaterszene, von einem möglichen großen, internationalen Theaterzentrum in den Sofiensälen die Rede war - was durchaus eine Schließung von anderen Kleintheatern mit sich bringen könnte. Das Papier hat bei manchen Theaterleitern helles Entsetzen ausgelöst:

Marboe: "Ich finde das Thema Vitalisierung der Theaterlandschaft sehr verdienstvoll, es kann Basis für eine ernstgemeinte, dem Theater wohlgesinnte Debatte sein. Kulturpolitik sollte einen organisatorischen Rahmen und eine Absicherung geben, aber nicht in kreative Prozesse eingreifen."

Peter Marboe meint schließlich auch, dass ihn die Kritik nicht treffe, dass sie vielmehr nur eine künstlerische gegen die jeweiligen Bühnen sein könne, die man nicht pauschal über einen Kamm scheren sollte, denn
jede dieser Bühnen habe ihre eigene Geschichte und Struktur.


updated: 09.01.2001 by werner
 
 
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