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Ein Mann übt sich in Demut

Gerhard Hirschmann ist neuer steirischer Landeskulturreferent


Thomas Trenkler
"Der Standard"-online, 08.11.2000; per media observer


Graz - Im Wahlkampf hatte Gerhard Hirschmann, in der steirischen Landesregierung bisher für Tourismus und Sport zuständig, gemeint, die Kultur würde nach ihm förmlich "schreien". Doch dann verlor die
Volkspartei das Interesse am Kulturressort, das in den letzten Jahren von Peter Schachner-Blazizek (SP) geführt worden war. Weil es ohnedies kaum Geld dafür gebe.

Andererseits bemühte sich die VP gegen die Widerstände der Freiheitlichen, das Geld für den Bau des Grazer Kunsthauses aufzutreiben: Landeshauptfrau Waltraud Klasnic gab am Dienstag bekannt, der Bund werde die vereinbarten 250 Millionen Schilling doch beisteuern - durch den Verkauf seiner Anteile am Flughafen Thalerhof. Und so besann man sich, um auch die Lorbeeren genießen zu dürfen, eines Besseren:
Gerhard Hirschmann bekam zusätzlich zu seinen bisherigen Agenden die Kultur zugesprochen.

Im Gespräch mit dem STANDARD kündigt er an, Schachners viel kritisierte Eventpolitik nicht fortsetzen und als ersten Schritt längerfristige Förderzusagen geben zu wollen: "Mein Hauptaugenmerk wird der gesamten
kreativen Szene gelten. Dort werde ich versuchen, einige Signale zu setzen, damit die Leute nicht das Gefühl haben, wir verplempern das Geld für irgendwelche mehr oder weniger fragwürdigen Dinge. Sondern dass wir
zunächst einmal konsequent auf die Förderung dessen setzen, was hier kreativ ist, was ein bisschen spinnt, was ein bissl verrückt ist und was Antipode ist zu den sonstigen Abläufen der Gesellschaft."

Hirschmann kündigt weiters an, keine Zensur üben zu wollen. Selbstverständlich dürften sich die Künstler auch regierungskritisch äußern. Seine kunstfeindlichen Aussagen im Zusammenhang mit der Diagonale nimmt er zurück: "Adenauer hat gesagt, man dürfe über Nacht gescheiter werden. Auch einem Politiker wird es unbenommen sein, zu sagen: Hoppala, da habe ich mich vergriffen. Sie werden sich wundern, was sich in den nächsten Jahren in der steirischen Kulturpolitik abspielen wird - bezüglich Sensibilität, Respekt, Demut vor diesem Amt und den Künstlern!"

Probleme mit der FP als Regierungspartner habe er, so Hirschmann, keine: "Der, der neben mir in der Fußballmannschaft spielt, hat oft ganz andere Gedanken. Aber er muss mitspielen. Und solange er gut mitspielt, ist das okay."

Landesrat Gerhard Hirschmann über seine kulturpolitischen Ziele

Über Nacht gescheiter geworden

Der "links-liberale" VP-Stratege Gerhard Hirschmann gibt sich als neuer steirischer Landeskulturreferent jovial und einsichtig: Im Gespräch mit Denise Leising und Thomas Trenkler bedauert er seine Verbalentgleisung im Zuge der Diagonale-Debatte und kündigt erhaben Demut vor den Künstlern an.

Standard: Sie haben im Wahlkampf geäußert, die Kultur "schreit" nach Ihnen. Warum eigentlich?

Hirschmann: Weil ich wahrscheinlich am meisten Respekt vor der Kultur habe.

STANDARD: Dürfen wir einige Sätze von Ihnen zitieren, die im Zuge der Debatte um die Förderung des Filmfestivals Diagonale gefallen sind? Sie sagten, alle Künstler, die im Diagonale-Katalog gegen die Regierung protestierten, "hängen am Futtertrog der Republik". Die Künstler sollen "uns nicht für ganz deppert halten", es könne "nicht sein, dass Leute vom Staat Subventionen kassieren, die die Regierung kritisieren". Zeugen solche Sätze von Respekt?

Hirschmann: Adenauer hat gesagt, man dürfe über Nacht gescheiter werden. Auch einem Politiker wird es unbenommen sein zu sagen: Hoppala, da habe ich mich vergriffen. Sie werden sich wundern, was sich in den nächsten Jahren in der steirischen Kulturpolitik abspielen wird - bezüglich Sensibilität, Respekt, Demut vor diesem Amt und den Künstlern!

STANDARD: Welche Wunder werden wir zu erwarten haben?

Hirschmann: Ich möchte kein schlechtes Wort über meinen Vorgänger verlieren, ich sage nur, seine Ziele werden in vielen Punkten nicht die meinen sein. Mein Hauptaugenmerk wird der gesamten kreativen Szene
gelten. Dort werde ich versuchen, einige Signale zu setzen, damit die Leute nicht das Gefühl haben, wir verplempern das Geld für irgendwelche mehr oder weniger fragwürdigen Dinge. Sondern dass wir zunächst einmal konsequent auf die Förderung dessen setzen, was hier kreativ ist, was ein bisschen spinnt, was ein bissl verrückt ist und was Antipode ist zu den sonstigen Abläufen der Gesellschaft.

STANDARD: Man darf also ein bisserl spinnen. Aber darf man auch die Regierung kritisieren?

Hirschmann: Selbstverständlich! Massiv sogar.

STANDARD: Es wird also keine Zensurversuche geben?

Hirschmann: Natürlich nicht. Ich bin ja der einzige Linksliberale in unserer Regierungsfraktion!

STANDARD: Sie haben eben die fragwürdigen Dinge kritisiert - und meinen damit Schachners Events. Aber auch Sie gelten als Eventbefürworter: Formel 1 und Rolling Stones in Zeltweg. Sind Sie nicht der Kronprinz des selbsternannten Eventkaisers?

Hirschmann: Als Tourismusreferent weiß ich um die Bedürfnisse der Urlaub-, Erholung- und Eventsuchenden. Ich habe die Events immer für das Marketing des Landes verwendet. Die Kulturpolitik hingegen ist für mich
ganz sicher kein Boden für Eventphilosophie!

STANDARD: Ihr Vorgänger installierte die Überorganisation Forschung und Kultur, um schwarz besetzte Abteilungen wie die Wissenschaft aushebeln zu können. Viele Kritiker meinen, diese FOKU müsse zerschlagen werden.

Hirschmann: Ich werde mich der FOKU nicht bedienen. Ich habe eine Kulturabteilung, und die reicht mir.

STANDARD: Zurück zu den Wundern ...

Hirschmann: Es gibt den berechtigten Wunsch nach mittelfristigen Förderungszusagen. Dem werde ich sogleich Rechnung tragen.

STANDARD: Auch Schachner wollte dies. Er ist aber an der VP gescheitert.

Hirschmann: Das muss ich zurückweisen. Ich habe ihm immer die volle Unterstützung angeboten.

STANDARD: Ein Wunder tut auch bezüglich der Kunsthaus-Finanzierung not: Der Bund hat doch keine 250 Millionen.

Hirschmann: Die Frau Landeshauptmann hat soeben bekannt gegeben, wir bekommen das Geld sehr wohl - über den Verkauf der Bundesanteile am Flughafen Thalerhof.

STANDARD: Nicht gesichert ist allerdings die Eröffnung des Kunsthauses 2003.

Hirschmann: Wenn's nicht geht, geht's nicht. Ich kann mich leider nicht mit der Schaufel auf die Baustelle stellen, auch wenn ich's gerne machen würde. Nach dieser langjährigen Odyssee kommt es mir auf ein paar Monate auf oder ab auch nicht mehr an. Aber fertig werden muss das Kunsthaus 2003!

STANDARD: Soll die Leitung ausgeschrieben - oder direkt besetzt werden? Zum Beispiel mit Peter Weibel.

Hirschmann: Peter Weibel ist für mich ein internationaler Klassemann. Aber das müssen wir mit der Stadt Graz klären. Ich lege nur Wert darauf, dass wir in einigen zentralen Kulturfunktionen internationale Klasse aufweisen können. Und ich bin kein Freund von Ausschreibungen. Bei Ausschreibungen geht es ärger zu wie im Lotto. Und im Lotto gewinn ich auch nichts.

STANDARD: Gilt das auch für das Joanneum?

Hirschmann: Ja, eine Besetzung ist alsbald vorzunehmen. Auch hier schwebt mir jemand mit Klasse vor.

STANDARD: Klasse kostet sehr viel Geld.

Hirschmann: Das stimmt. Den Osim krieg' ich nicht um das Gehalt des Trainers des FC Pankratzen. Da werden wir eine Lösung suchen müssen.

STANDARD: Haben Sie kein Problem, sich mit den Freiheitlichen ins Bett zu legen?

Hirschmann: Darf ich nochmals auf den Fußball zurück kommen. Ich war auch einmal Fußballer. Der, der neben mir in der Mannschaft spielt, hat oft ganz andere Gedanken. Aber er muss mitspielen. Und so lang er gut mitspielt, ist das okay.

updated: 13.11.2000 by werner
 
 
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